Genf/Oftringen. Die erste Nachricht zum 84. Genfer Auto-Salon ist, grundlegend Neues gibt es in der Automobilwelt nicht. Die zweite, aber es gibt viele kleine Neuheiten die aus unserer Sicht nur Kosmetik sind und keinen echten „grossen“ Nutzen bringen. Alle feilen an ihren Modellen, bringen ähnliche heraus, stürzen sich auf das Thema „Kommunikation / Connectivity“ – also Internet und tragen das Schild „Umweltschutz“ vor sich her. Echten Mehrwert habe ich nicht gesehen. Generell kann man feststellen dass es drei grosse Mainstreams gibt. Der erste ist, grosse und teure Autos werden noch grösser und teurer. Der zweite ist, es gibt immer mehr kleine, kostengünstige, fast schon luxuriöse Kleinwagen mit Pfiff. Und der dritte ist, Elektro und damit Umweltschutz wird nur von einem Unternehmen ernst genommen, der Firma „Tesla„.
SUVs und Crossover – Mamas Liebling
In den letzten Jahrzehnten hat sich ein Wandel in der „Automobilszene“ vollzogen. Früher waren Autos für Männer. Männer schauen nach Werten wie PS, Beschleunigung, Hubraum, Sound, breiten Reifen und Höchstgeschwindigkeit. Danach wurden zu dieser Zeit Autos gebaut. Da wir schon damals eigentlich wussten, dass die Frauen die wirklich wichtigen Entscheidungen treffen, hat sich auch die Automobilwelt darauf eingestellt. Autos werden heute aus psychologischer Sicht immer mehr für Frauen gebaut. Frauen wollen Sicherheit, das Gefühl über den Anderen und der Situation zu stehen, einen Überblick über das Geschehen um sich herum und viel Platz. Deshalb wurden SUVs und Crossover so erfolgreich. Egal, das der Wagen fast nicht mehr in die Parklücke in der Migros passt und man anderen das Ein- und Aussteigen unmöglich macht – es heisst „Platz da ich komme“. Je grösser das Aussenmass der SUVs und Crossover desto beliebter sind sie bei und besonders kleineren Frauen. Man will sich und seine Kinder schützen und möglichst denn anderen so viel Platz entreissen wie möglich.
Ein Sales-Manager eines grossen Herstellers sagte mir auch deshalb sinngemäss, dass ihre SUVs und Crossover nach diesen Gesichtspunkten weiter entwickelt werden. Die Bodenfreiheit ihres Crossover ist nicht wegen technischen Gründen so gross, sondern weil der Fahrer bzw. die Fahrerin das Gefühl haben soll über den Dingen zu schweben. Die Sitzposition und Augenhöhe wird anhand einer internen Formel berechnet die alle psychologischen Effekte einbezieht. Dabei spielen die Rundumsicht, das Gefühl eines weiten Horizontes und die Erhabenheit gegenüber anderen Verkehrsteilnehmer die wichtigste Rolle. Es reicht nicht den Sitz zu erhöhen, nein das Fahrzeug muss sichtbar vom Boden abstehen und eine entsprechende Grösse und Höhe haben. Die technischen Gimiks spielen dabei kaum eine Rolle. Bei diesem Hersteller werden europaweit Crossover nur zu 15 % mit Vierradantrieb verkauft. Was bemerkenswert ist, denn eigentlich waren sie ja auch für die Nutzung im Gelände konzipiert. Der Siegeszug der SUVs und Crossover wird sich deshalb weiter fortsetzen. Um den Sales-Manager noch einmal zu zitieren. In zehn bis zwanzig Jahren wird es fast keine Limousinen oder Coupes mehr unter den Autos geben, da sie durch SUVs und Crossover ersetzt werden. Stadtplaner sollten bereits jetzt daran denken und alles ein bisschen grösser planen, denn Mama braucht platz.
Dementsprechend sind die Angebote und Neuheiten auf dem Genfer Auto-Salon zu sehen. Concept-Cars für SUVs und Crossover haben vor allem die Asiaten im Programm. Nissan bietet den neue Qashqai als Crossover ultimativ für die Stadt. Mitsubishis zeigt gleich drei Concept-Cars den „Concept XR-PHEV“ als Mittel zwischen einem Coupé und einem SUV, den Fullsize-SUV Concept GC-PHEV der an einen grossen Geländewagen erinnert und den Crossover Concept AR einem schnittigen Zwischending – eben Crossover genannt. VW zeigt einen auf Golf – Basis erstellten SUV den T-ROC mit Targadach. Renault bringt ein ungewöhnliches Ding namens „Kaktus“, das als SUV in der Stadt verwendet werden soll. Eine Badewanne mit Rädern und Gummiteilen damit man im Pariser Leben auch mal was anbumpen kann. Auch SsangYong, Hyundai und Subaru bringen neue SUVs.
Klein aber oh-oh
Mit seinem erfolgreichen Juke hat Nissan einen echten Wurf gelandet. Denn er vereint einen Crossover mit einem Klein- bzw. Kompaktwagen. Der neue Juke ist noch schicker und moderner. Das sind Autos für die junge Frau, die noch keine Kinder hat. Ich persönlich sage dieser Nische eine grosse Zukunft voraus. Ein Zwischending zwischen Kleinwagen, Kompaktwagen und Crossover, dabei noch schick und sportlich. Es ist erstaunlich, wie die Psychologie die Modelle entstehen lässt. Es scheint so, als ob die jungen Leute, so lange sie noch keine Familie haben auf Flexibilität, Leichtigkeit, Sportlichkeit und Handlichkeit stehen und deshalb diese kleineren Modelle immer mehr Zulauf bekommen. So bald eine Familie da ist muss es aber ein SUV sein. Dementsprechend kann man auf dem Genfer Automobil-Salon die Entwicklung erkennen. Renault bringt einen pfiffigen, sportlichen neuen Twingo der auch noch sparsam ist. Peugeot liefert den 108 als Ersatz für den 107 und lässt ihn erwachsen werden. Der Citroen C1 ist wie seine Schwestern und Brüder in der gleichen Klasse schön rundlich und schick, der Fiat 500 ist bei allen Vorbild. Auch Lancia fokussiert sich auf dem Genfer Autosalon auf den Ypsilon. Alle Modelle werden leichter individualisierbar in dem man viele Farben, Ausstattungen und Varianten wählen kann. Bei der Motorisierung kann man oft echte Grössen wählen. So leistet der neue Opel Adam S satte 150 PS und läuft max. 220 Km/h schnelle. Man hat ihn auch gleich auf 18-Zoll Felgen und 225er Reifen gestellt. Toyota kommt mit dem Aygo, einem etwas ungewöhnlichen puritanischem Kleinwagen auf die Messe. Viele von diesen Kleinwagen bieten auch ein leicht zu öffnendes Faltverdeck, mit dem der Kleinwagen fast zum Cabrio wird. Die Innenausstattung wird gerade in diesem Segment immer luxuriöser. Ledersitze und bezogene Armaturenbretter, Ziernähte und Lederlenkräder sowie Leder am Schaltknauf sorgen für gehobenes Ambiente.
Ein Highlight war das Concept-Car von Mazda für den kommenden Mazda 2 „Hazumi“. Hazumi bedeutet in Japanisch so viel wie „Aufspringen“ und soll das Vorwärts streben Mazdas in der Kleinwagen-Serie untermauern. Der Mazda Hazumi folgt wie auch schon die anderen neuen Modelle von Mazda der Kodo-Designphilosophie. Wird der neue Mazda 2 nur annähernd so schick wie das Concept-Car ist auch in diesem Segment Mazda eine echter Coupe gelungen.
Nur Tesla nimmt die Vision „Elektro“ ernst
Umweltgerecht können Autos nur werden, wenn sie keine Emissionen mehr während der Fahrt ausstossen oder von sich geben. Dazu zählt natürlich auch immer Lärm. Das das sogar wirtschaftlich erfolgreich machbar ist zeigt die Firma Tesla seit einigen Jahren in den USA. Mit reinen Elektroautos deren Reichweite mit einer Aufladung bis zu 480 km reichen, sind sie dort bereits gut eingeführt und machen den Fahrzeugen mit Otto-Motoren Konkurrenz. Während in Europa und Asien noch mit Hybrid experimentiert wird macht Tesla den grossen Wurf. Kürzlich erst berichteten wir über die aktuelle Entwicklung und Pläne bei Tesla (Gigafactory). So ist ein Werk für Akkus in einem der Sonnenstaaten der USA geplant der es möglich machen soll bis zum Jahr 2020 500’000 Elektrofahrzeuge herzustellen. Tesla will die Preise für die Akkus dramatisch reduzieren und den bestehenden Lieferengpass bei Akkus entfernen der Tesla am Wachstum hindert. Ein neuer Wagen soll dann etwa ab 2017 um die 30’000 Dollar zu haben sein. Tesla geht damit also als erster mit einem reinen Elektroauto voll in den Massenmarkt. Aus Umweltsicht, aber auch aus wirtschaftlicher Sicht ist es besser Strom aus allen möglichen Ressourcen zu erzeugen und damit Autos an zu treiben, als einen wirklich in die Jahre gekommenen Otto-Motor, bei dem Massen beschleunigt und abgebremst werden, weiterhin zu unterstützen. Bei einem Elektroauto müssen viele Dinge nicht mitgeschleppt werden, die beim Otto-Motor normal sind. Auspuff, Getriebe, Ölwanne, Motorblock sind nur einige Beispiele. Natürlich stehen dagegen die Batterien die noch sicher leichter werden müssen. Aber alleine der gewonnen Platz in einem Elektroauto ist begrüssenswert. So kann man z.B. im Tesla Model S mit bis zu sieben Passagieren fahren ohne das das Design nach einem grösseren Fahrzeug aussieht. Die Leistungsdaten stehen einem Otto-Motor in nichts nach. Wer schon mal ein Elektrofahreug gefahren hat, was für Beschleunigungswert dort erzielt werden. Damit das Aufladen auch unterwegs kein Problem darstellt, baut Tesla seine eigenen Ladestationen auf der ganzen Welt aus. Tesla Kunden können dort, an den sogenannten „Super – Charge“ Stationen ihr Fahrzeug sogar kostenlos aufladen. An diesen Stationen dauert eine volle Ladung nur 4 Stunden. Zuhause kann man unterschiedliche Ladestationen installieren die ein Vollaufladung in zwischen 9 bis 4 Stunden ermöglichen. Dabei kann auch auf günstigen Nachtstrom Rücksicht genommen werden. Tesla müsste den anderen Automobilbauern eigentlich Angst machen, aber Gespräche auf der Messe zeigen, dass viele unbeeindruckt sind. Ich glaube die Sicherheit trügt. Übrigens, von den restlichen Amerikanern kommt nichts neues. Ihre dort präsentierten Fahrzeuge falle hierzulande immer noch eher in den Bereich Rotlicht und erinnern an die 80er und 90er Jahre als Machos noch das Sahne-Häubchen der Gesellschaft waren.
Kleine Neuheiten
Neben den von mir wahrgenommenen grossen drei Bewegungen auf dem 84. Genfer Automobil-Salon 2014 wurden natürlich viele kleinere Entwicklungen präsentiert. In das Internet wollen alle, aber keiner weiss so richtig wie! Der Nutzen für den Fahrer oder Beifahrer wird noch nicht so ganz klar. Dort wird nichts angeboten, was ich nicht mit einem Handy, Navi, Laptop oder iPad auch machen könnte – noch dazu hat fast jeder schon so ein Gerät. Zu nennen ist ein „Smarter“ Rückenspiegel von Nissan, der das Bild einer Rückwärts-Kamera einblenden lässt. Auch war ich von dem neuen Sicherheitssystem „Safeyt Shield“ auch von Nissan beeindruckt. Über verschiedene Sensoren rund um das Auto werden dem Fahrer bestimmte Sicherheitssignale gegeben. So wird z.B. signalisiert, wenn man seine Spur nach rechts oder links verlässt oder zu dicht auffährt. Das halte ich für sinnvoll ist aber ein kostenpflichtiges Extra.